Bei der Serie „My daughter looking at me, looking at Eva Ionesco“ rekurriert Halm auf einen besonderen Fall einer fotografischen Tochter-Mutterbeziehung, den von Irina Ionesco und ihrer Tochter Eva. Ionesco hatte in den 1970er Jahren unter anderem Nacktfotos von ihrer minderjährigen Tochter gemacht. 1976 erschienen einige der Nacktaufnahmen des damals elfjährigen Mädchens im Playboy. In ihrer Fotoserie tauscht Halm die Rollen. Sie machte ihre Tochter zur Fotografin und sich selbst zum Model, das die berühmten Szenen Irina Ionescos nachstellt. Ziel der Serie ist nicht die detaillierte Rekonstruktion der umstrittenen Aufnahmen. Vielmehr lässt Halm ihrer Tochter jegliche Freiheiten bei der Wahl der Requisiten und vor allem bei der Entscheidung, welches Foto ausgewählt wird, wie viel Nacktheit öffentlich wird und was verborgen bleibt. Sie gibt dadurch der Tochter eine ungemeine Macht und verkehrt das klassische Verhältnis der bestimmenden Erziehungsberechtigten und des gehorsamen Nachwuchses. In die Position eines Objekts gedrängt wird deutlich, welche Folgen der fotografische Blick haben kann und wie sehr er das Bild bestimmen kann, das in die Öffentlichkeit gerät.
Die Serie greift im Subtext noch ein weiteres Thema auf: das der medialen Repräsentation des weiblichen Körpers. Die Fotos, die Halms Tochter von ihrer Mutter schoss, wurden nicht bei Photoshop hinsichtlich einer idealisierten Körperdarstellung bearbeitet. Die natürlichen Falten oder Dellen wurden nicht wegretuschiert, sondern zeigen sich, wie sie sind und wie sie sich den Augen der Tochter präsentierten. Das mag die Betrachterinnen und Betrachter vielleicht irritieren, da wir meist perfekte Körper gewohnt sind. Dabei übt der ständig präsente, durch Photoshop verzerrte Idealtypus des schlanken, gesunden, fitten Körpers eine unterschwellige Gewalt aus. Gerade junge Frauen sehen ihn als Maßstab an und versuchen dieses Ideal zu erreichen. Hierbei spielte immer wieder der mädchenhafte, fast kindliche weibliche Körper eine tragende Rolle, Bilder also, wie sie Ionesco durch ihre Tochter zeigte und beförderte.
Marco Hompes
Was übrig bleibt, 2020
Ich begebe mich mit meinem Weihnachtsbaum, der am Tag des abdekorierens auf einen Schlag all seine restlichen Nadeln fallen ließ, auf die Reise und zeige ihm noch etwas von der Welt - den Wald, die Felder,... und beginne mit ihm zu reden, zu philosophieren über das Kommen und Gehen. Auch kommen wir während der Pandemie in der menschenleeren Landeshauptstadt vorbei.
Schönheitsfamilienwahn, 2018
besteht aus insgesamt zehn Performances, die Halm mit ihrer Tochter innerhalb eines Jahres realisierte. Gemeinsam suchten, erkundeten und entdeckten sie verschiedene verlassene Orte: Am Meer, in einem Schloss oder in einem Geisterdorf in Italien ließen sie eine geisterhafte Erscheinung wiederauferstehen. Inhalt der jeweiligen Performances sind die Wünsche und Träume des heutigen Teenagers.
PRETTY DAUGHTER, PRETTY HOTEL, PRETTY DIFFICULT, 2016
Die Fotos wurden während eines Foto-Shootings mit der Tochter der Künstlerin im Hotel „THE DOLDER GRAND“ in Zürich aufgenommen. Die Fotografien zeigen Halms Tochter, gleich den gegenwärtigen Vorbildern aus Fernsehsendungen wie „Germanys Next Topmodel“ und geben ausdrucksstark eine Heranwachsende wieder, die, obwohl sie in der Blüte ihrer jugendlichen Schönheit steht, sich perfektionieren will, um dem narzisstischen Schönheitswahn, der täglich in den Medien oder im Internet praktiziert wird, gerecht zu werden.